• AVI
  • Kitov Core

Smartes AVI-System zur Überprüfung von Rotorblättern und Triebwerken

28.06.2022 – News

In der Wehrtechnik als auch in der Luft- und Raumfahrt gelten höchste Qualitätsstandards. Und das aus gutem Grund; schließlich kann in diesem Bereich die Materialbeschaffenheit über Leben und Tod entscheiden. Zeitgleich setzen diese Industriezweige für die Qualitätskontrolle oftmals auf die manuelle Sichtprüfung durch den Menschen.

Ein Dilemma, das sich beispielhaft anhand der Herstellung und Wartung von Antriebseinheiten für Flugzeuge, Helikopter und Drohnen aufzeigen lässt. Häufig wird hier für die Qualitätssicherung von Triebwerksschaufeln, Rotorblättern oder Propellern noch immer auf Prüfverfahren gesetzt, die bei nicht ferromagnetischen Werkstoffen zum Einsatz kommen. So erlaubt zum Beispiel die Farbeindringprüfung das Erkennen von Oberflächenschäden, die bei der Herstellung von technischen Bauteilen auftreten können. Das Eindringverfahren, auch Penetrier-Verfahren genannt, ist eine einfache Untersuchungsmethode der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung. Das Verfahren ermöglicht es, Poren, Risse, Bindefehler, Überlappungen oder andere Schäden auf der Werkstückoberfläche zu erkennen. Die Sichtprüfung erfolgt dann durch einen Mitarbeiter. Auch verbringen Beschäftigte bis zu mehreren Stunden mit einzelnen Bauteilen, Unterbaugruppe oder Systemen, um die für das menschliche Auge sichtbaren Fehler zu entdecken. Checklisten, das 4-Augenprinzip und aufwendige Qualitätssicherungsprozesse sollen dabei das Übersehen von Defekten vermeiden. Dennoch sind dementsprechend durchgeführte Montage-, Integrations- und Qualitätsprozesse zwangsläufig anfällig für menschliche Fehler.

Herausfordernde Qualitätssicherung

Unternehmen setzten beträchtliche Ressourcen ein, um Fehler zu reduzieren und zu beseitigen. Zeitgleich ist es vielfach schwierig und manchmal sogar fast unmöglich, qualifizierte Arbeitskräfte für die Qualitätskontrolle zu finden. Während die bisherigen Fachkräfte für die visuelle Inspektion immer älter werden, bevorzugt die nachrückende Generation andere Arbeitsbereiche. „Zudem ermüden Menschen und machen Fehler. Das ist der größte Nachteil der manuellen Sichtprüfung. Werden Mängel dann erst zu einem späteren Zeitpunkt von Endkunden, Anwendern oder Verbrauchern entdeckt, kann das sehr kostspielig sein. Im Fall von Triebwerken und Propellern vielleicht sogar tödlich“, zeigt Olaf Römer, Geschäftsführer der ATEcare Service GmbH & Co. KG auf. „Der Faktor Mensch stellt bei Prüfverfahren somit immer ein Restrisiko dar. Zudem verlangen Endkunden reproduzierbare Dokumentationen von Inspektionen.“

Zudem sind die aufgrund von schlechter Qualität (CoPQ) entstehenden Kosten erheblich. So schlagen mangelhafte Flugzeugtriebwerke und Triebwerksteile mit Kosten in Höhe von 5.4 bis 6.3% vom Umsatz zu Buche. Dies ist den Herstellern von Wehrtechnik-, Luft- und Raumfahrtindustrie durchaus bewusst. Dennoch tun sie sich aus mannigfachen Gründen schwer, automatisierte Sichtprüfungstechnologien einzuführen. Schließlich produzieren diese Hersteller vielfältige Produkte, Teile und Komponenten in kleinen Chargen in einer dynamischen Fertigungsumgebung. Für deren Prüfung und Inspektion sind daher hochflexible Lösungen erforderlich. Die Möglichkeiten der automatischen Sichtprüfung waren daher eingeschränkt.

Effiziente Inspektion

Das intelligente AVI-System Kitov Core, das ATEcare als Vertriebspartner vertreibt, könnte nun Abhilfe schaffen. „Bei dem Kitov handelt es sich um das erste robotergeführte – 2D-Universalsystem, das praktisch jedes Produkt effektiv inspizieren kann, ohne den Roboter anzulernen. Zudem lässt sich mit der Technologie der gesamte Prüfungsprozess reproduzierbar beschleunigen und die Fehlerquote auf null reduzieren, was sich natürlich positiv in den Kosten niederschlägt“, hebt Römer hervor.

Der Kitov erzielt durch den Einsatz fortschrittlicher 3D-Computer-Vision-Algorithmen und künstlicher Intelligenz wie maschinelles Lernen und Deep-Learning ein hohes Erkennungsniveau. Mit dieser Technologie lassen sich überdies die mit der manuellen Inspektion verbundenen mühsamen Arbeiten und inkonsistenten Ergebnisse unterbinden. Der Kitov unterstützt komplexe 3D-Strukturen, kann zahlreiche Materialien prüfen und dabei zudem komplette Prüfvorschriften berücksichtigen. Außerdem lässt sich die Kitov-Software mittels Deep Learning anhand von Referenzbildern qualitativ einwandfreier und mit Mängeln behafteter Teile trainieren, weshalb sie flexibel auf verschiedene Situationen und unterschiedliche Fehlerbilder reagieren kann.

Die Supervised-Learning-Algorithmen analysieren die Bilder außerdem statistisch auf Merkmale und Beziehungen. Anschließend wird eine gewichtete Tabelle beziehungsweise ein neuronales Netzwerk erstellt. Dieses definiert, was ein gutes oder ein schlechtes Teil ausmacht. Die Auswahl und Bewertung dieser Aufnahmen sollte von qualifiziertem Fachpersonal vorgenommen werden, das mit dem Produktionsprozess und mit den dabei auftretenden Fehlern vertraut ist. „Das klingt einfacher, als es tatsächlich ist, da der beschriebene Prozess tatsächlich eine sehr rechenintensive Analyse beinhaltet“, hebt Römer hervor. Während der Inferenz, also während das in der Trainingsphase Gelernte angewandt wird, benötigt das System jedoch im Vergleich zu anderen Technologien eine erheblich geringere Rechenleistung. Eine Anbindung an eine performante IT-Infrastruktur wie ein Hochleistungsrechenzentrum oder eine Serverfarm ist daher nicht erforderlich. Dadurch lässt sich das System auch an Standorten ohne entsprechende Voraussetzungen betreiben.

Trainierte Technik

Vielfach haben Anbieter von KI-Lösungen auch vorab trainierte neuronale Netze im Angebot, um den Anwendern das Trainieren ihrer Systeme abzunehmen. Etwa zur Schriftlesung (OCR), für das Lesen beschädigter oder verzerrter Barcodes, für die Erkennung von Kratzern oder zur Überprüfung von Komponenten, wie z.B. Schrauben und ihr Sitz. So ist auch der Kitov standardmäßig mit mehreren vorab angelernten neuronalen Netzen zum Überprüfen von Merkmalen wie Verschraubungen, Oberflächen, Etiketten, Beschriftungen oder Netzwerkanschlüssen ausgestattet. Ferner kombiniert das System die Vorteile traditioneller Bildverarbeitungsalgorithmen mit seiner Deep-Learning-Technologie, um sich bei der Inspektion komplexer Bauteile kontinuierlich an sich ändernde Bedingungen anpassen zu können. Außerdem lernt das System nicht nur in der Trainingsphase was gute und schlechte Teile ausmacht, sondern lernt auch während Produktion ständig hinzu.

Die Pseudofehlerrate verringert sich somit sukzessive auf ein vernachlässigbares Minimum, was gerade für zuverlässige Prüfergebnisse bei scheinbar einfachen Bauteilen wie einer Triebwerksschaufel extrem wichtig ist. „Auch sind die Blades eines Triebwerks oftmals leicht geschwungen. In diesem Fall kann der Bediener aus dem CAD-Programm heraus die Flächen bestimmen, die vom Kitov überprüft werden sollen und gleiche Oberflächen reproduzierbar anzufahren“, führt Römer weiter aus. So konnte bei in Israel gefertigten Triebwerken von Jagdflugzeugen eine Qualitätsverbesserung von bis zu 25% erreicht werden. Auch ein nicht genannter Hersteller von Hochleistungssportwagen konnte beim Inspizieren von Fahrzeugteilen durch den Kitov ähnliche Ergebnisse erzielen.

„Darüber hinaus nimmt die Nachfrage zur Prüfung von Großbauteilen wie beispielsweise Führerhäusern von LKWs stetig zu“, so Römer. Um das System auch für große Geometrien nutzbar zu machen, hat der Hersteller das Kamerasystem nun auch an großen Industrierobotern oder an verfahrbaren XY-Systemen verbaut. „Dadurch ist auch die Inspektion von Rotorblättern oder Propellern möglich“, ergänzt Römer. Des Weiteren ist es möglich, große Metallstrukturen oder andere schwer zu inspizierende Bauteile wie Schiffsschrauben reproduzierbar zu prüfen. Somit könnten nicht nur Triebwerkshersteller, sondern auch Wartungsdienstleister für die zivile und die militärische Luftfahrt und Leasingunternehmen von Antriebseinheiten das Kitov-System nutzen.